Die bedeutendste Whiskyflasche der Welt

Whisky und die Kunst

Immer wieder ließt man Pressemeldungen, dass aktuell die teuerste Whiskyflasche den Besitzer gewechselt hat. Die großen Auktionshäuser Sotheby's und Christie's haben einen guten Draht zur Presse und so wundert es nicht, dass hier öffentlich ein Rekord den anderen schlägt. Hinterfragt man solche Versteigerungen so beschleicht mich das Gefühl, dass die Aufgelder für die Versteigerer oftmals preiswerter als bezahlte Anzeigen in den entsprechenden Medien ausfallen. Ob es bei diesen Versteigerungen immer mit rechten Dingen zu geht? Ich hege Zweifel.

Letztlich geht es bei diesen Versteigerungen um den Ruf der versteigerten Objekte. Ob dieses Objekt nun ein Bild von Pablo Picasso für 100 Mio. US$ ist oder ob es sich nur um eine 'banale' Whiskyflasche für 100.000 Pfund Sterling handelt, ist dabei egal. Die Versteigerung legt nicht nur einen öffentlichen Marktwert für das Objekt fest. Zusätzlich mehrt eine solche Versteigerung den Ruf des Künstlers bzw. den der Brennerei.

Das ist beim Whisky besonders wichtig. Viele Eigentümer einer Flasche aus dieser Brennerei glauben nach so einer Pressemeldung daran, dass jetzt auch ihre offene Flasche im Barfach oder auch die geschlossenen in ihrer Sammlung etwas mehr wert geworden sind. Weit gefasst ist dies durchaus richtig. Denn bei der einsetzenden erhöhten Nachfrage durch den Konsumenten kann der Hersteller seine Preise dem verbesserten Ruf anpassen und die Wiederverkaufswerte von Sammelflaschen steigen. Auch wenn es Künstler oft nicht wahrhaben wollen, der Kunstmarkt ist einer der unreguliertesten und damit freiesten und kapitalistischen Märkte der Welt.

Die Höhe des Preises macht sich wie auf allen Märkten am Angebot und der Nachfrage fest. Gemälde sind in der Regel Einzelbilder. Hier ist für jeden sofort erkennbar, dass man nirgendwo ein besseres Schnäppchen machen kann. Dass es sowohl bei Bildern und seltenen Whiskyflaschen Fälschungen geben kann, konnte man an der Kunstfälscheraffäre 2011 um Wolfgang Beltracchi und dem Fall Macallan mit ihrer Antique Collection im Jahr 2003 sehen. Doch wer wird gefälscht? Statt sich über mehr oder weniger unscheinbare Stars aus der B-Riege herzumachen, zielen Fälschungen meist in die Top 10. Setzt man sich schon dem Risiko einer Strafverfolgung aus, so meinen wohl die Beltracchis und Kuhjaus dieser Welt, sich an den bedeutenden Gestalten der Geschichte messen zu müssen. Macallan erwischte es mit den Fälschungen in der Antique Collection nicht 'umsonst'. Schließlich haftet ihnen der Ruf des Rolls Royce unter den Single Malt Whiskys an.

Wenn wir nun nach der bedeutendsten Whiskyflasche der Welt suchen, müssen wir dann einfach nach den höchsten Versteigerungserlösen suchen, um fündig zu werden? Leider nicht! Blicken wir auf die Kunstszene, so wurde im November 2013 das teuerste, jemals verkaufte Kunstwerk, ein Triptychon von Bacon aus dem Jahr 1969 zu 142,2 Mio. US$ versteigert. An diesem Verkauf irritiert die Fachwelt, dass es sich bei Bacon um einen Künstler der Nachkriegszeit handelt, der erst 1992 verstarb. Ein anderes Bild von ihm, geschätzt auf 40 Mio. US$, blieb dagegen im Mai 2014 unverkauft auf einer Auktion liegen.

Die teuerste jemals verkaufte Whiskyflasche ist nachgewiesenermaßen im Moment ein Dalmore 62 Jahre, der für 250.000 Singapur Dollar (entsprach 145.000 EUR) im Jahr 2011 am Flughafen von Singapur den Eigentümer wechselte. Nur ein Dutzend Flaschen wurden aus vermischten Fässern der Jahrgänge 1868, 1878, 1922, 1926 und 1939 abgefüllt. Im Gegensatz zu Kunstwerken, von denen sich auch der hungernde Vincent van Gogh zu Lebzeiten nichts 'runterbeißen' konnte, werden diese Whiskyflaschen immer weniger und damit wertvoller. Nicht nur verdunstet über den Korken mit der Zeit der Alkohol aus der Flasche; auch neugierige Eigentümer neigen dazu, die Flaschen zu öffnen und den enthaltenen Whisky der eigentlichen Bestimmung zuzuführen.

Doch nicht alle Flaschen, hoppla Kunstwerke, wechseln den Besitzer über Versteigerungen. So gilt ein Bild aus der Serie 'Die Kartenspieler' von Paul Cézanne als teuerstes je verkauftes Bild mit einem privaten Verkaufspreis zwischen 250 und 275 Mio. Dollar. Beim Whisky soll diese Spitzenposition ein 25-jähriger irischer Nuns' Island Jahrgang 1880 innehalten, der 2005 für umgerechnete 147.000 Euro privat den Besitzer gewechselt haben soll.

Um diese Preise öffentlichkeitswirksam noch weiter zu erhöhen, wurde im Hause Macallan ein 64 Jahre alter Single Malt in einem Lalique Cire Perdue Kristalldekanter zu einem guten Zweck versteigert und erzielte 2011 einen Erlös von 460.000 Dollar.

Doch lösen wir uns vom Geld. Für den Rang, die bedeutendste Whiskyflasche der Welt dazustellen, gibt es für mich nun noch eine ganze Reihe von anderen Flaschen. Zuerst ist da der Johnnie Walker Red Label mit seiner charakteristischen eckigen Flasche. Solange ich mich zurück erinnern kann, stellt Johnnie Walker Red Label die meistverkaufte Whiskyflasche der Welt dar und hat schottischen Whisky in der Welt zu dem gemacht, was er heute ist. Dieses Ruhmesbild trübt sich jedoch im Moment etwas ein. Der indische McDowell's No. 1 hat aktuell die Poleposition eingenommen.

Als zweites fällt mir spontan der Single Malt Scotch Whisky Glenfiddich 12 Jahre ein. Ihm gebührt die Ehre, Single Malt Whisky in einem unvergleichlichen Siegeszug über die Welt gebracht zu haben. Er ist der meistverkaufte Single Malt Whisky der Welt. Ein Platz auf dem Siegestreppchen der Geschichte ist ihm so sicher.

Für mich privat hält jedoch eine andere herausragende Single Malt Scotch Whiskyflasche die Spitzenposition inne. Es ist der Black Bowmore 31 Jahre - 1964 Final Edition. The Whisky Store wurde 1993 gegründet und nahm 1995 im beginnenden Whiskyboom so richtig Fahrt auf. Und so begleiteten uns diese 1995 abgefüllten Flaschen über mehrere Jahre mit steigenden Preisen. Die ersten Flaschen des Black Bowmore verkauften wir zu 150 DM (=77 EUR). Schnell stiegen die Preise in schwindelerregende Höhen und im Jahr 2002 versteigerten wir die letzte unserer Flaschen zu 2.800 EUR. Von den 1.812 abgefüllten Flaschen dürften sich noch einige Hundert in den Sammlungen der Kenner verbergen.

Doch bitte lassen Sie Vorsicht walten, bevor Sie eine dieser Flaschen in einer Versteigerung oder gar privat erwerben. In der Vergangenheit zeigten sich häufiger Zweifel ob der Echtheit der Flaschen. Eine Originalrechnung des ursprünglichen Einkaufs sollte der Anbieter schon vorweisen können. Es soll Ihnen schließlich nicht so wie manchen Kunstsammlern ergehen, die für teuer Geld Fälschungen erwarben.

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