Werterhalt

Die Lagerung von hochwertigen Whiskyflaschen

Es gibt preiswerte Whiskyflaschen und teure Whiskyflaschen. Es gibt aber auch besonders wertvolle Whiskyflaschen, die ihren Wert nicht über den Preis, sondern auf Grund ihrer Seltenheit oder der persönlichen Geschmacksvorlieben definieren.

Nicht selten kommt es vor, dass sich ein Kunde von einer neu entdeckten aber limitiert erhältlichen Lieblingsflasche einen ganzen Karton als Nachschub für das nächste Jahrzehnt in den Keller stellt. Bei Wein ist so ein Vorgehen nicht einfach. Nicht alle Weine halten sich so lange in der Flasche.

Beim Whisky ist das anders. Als hoch erhitztes Destillat, das lange Jahre in einem atmenden Fass reifte, ist er weniger anfällig gegen äußere Einflüsse als ein junger Wein. Der Großteil der Alterung dieser Flüssigkeiten geht auf die Oxidation zurück, also auf die Veränderung des Geschmacks durch den Kontakt mit Sauerstoff. Und diese Oxidation ist bei länger gereiften Whiskys weitgehend abgeschlossen. Es gibt aber noch andere Einflüsse, die unserem Whisky schaden können. Dazu später mehr.

Mit jeder aufkeimenden Währungskrise erhalten wir regelmäßig Kundenanfragen über die Geldanlage in Whisky. Reale Güter übten in wirtschaftlich turbulenten Zeiten immer eine große Anziehungskraft auf die Bevölkerung aus. Und wenn dann einmal die Flaschen zu Hause stehen, dann stellt sich nach kurzer Zeit die Frage, ob der Inhalt über die Jahre auch 'stabil' bleiben wird.

Neben der geschmacklichen Stabilität geht es bei diesen teureren Flaschen zur Geldanlage auch um das äußere Erscheinungsbild. Wer kennt sie nicht, die Bilder von schimmeligen Weinflaschen mit halbverfaulten Etiketten, die dennoch ein Vermögen wert sind? Doch wenn die Etiketten auch noch gut wären, hätte man am Ende noch mehr Geld dafür erhalten? Solche Fragen treiben in der Regel den Sammler an, der nicht nur auf den Geschmacks-, sondern auch auf den Werterhalt seiner Flaschen achtet. Durchleuchten wir diese Problematik etwas stärker, so stellen wir fest, dass der äußere Erhaltungsgrad einer Flasche durchaus etwas mit dem Erhaltungsgrad des Inhalts zu tun hat.

Der allerwichtigste Punkt in Sachen Geschmack und Geld ist der Füllstand der Flasche. Und damit ist nun nicht der 'mittrinkende' Teenager im Haushalt gemeint, sondern die schleichende Abnahme des Füllstandes auf Grund von natürlicher Verdunstung. Wenn man den Füllstand einer original verschlossenen Flasche mit einem Filzstift am Hals markiert und sie vom warmen Wohnzimmer hinaus in die kalte Winterluft stellt, dann kann man über Nacht eine deutliche Abnahme des Füllstandes in der Größenordnung von 1cm feststellen. Machen Sie das bitte nicht mit einer zu wertvollen Flasche. Bei dieser Abkühlung kann sich eine nicht kühlgefilterte Abfüllung auch irreversibel eintrüben. Das macht vom Geschmack her zwar fast nichts aus, sieht auf Dauer aber optisch nicht gut aus.

Während dieser Kompression des Whiskys zieht die Flasche über den Korken Umgebungsluft in den frei werdenden Raum über dem Whisky. Und mit dieser frischen Luft auch aktiven Sauerstoff für eine weitere Oxidation. Mit jeder Erwärmung und Abkühlung atmet die Flasche genauso wie der Whisky in seinem ursprünglichen Fass. Und genauso wie der Whisky in seinem Fass an Alkoholstärke und Wasser verliert, so verliert die Flasche Alkohol- und Wasserdampf über den Korken. Auf den ersten Blick mögen die verlorenen Mengen vernachlässigbar gering erscheinen, aber die auf Auktionen angebotenen Füllstände (half neck, full neck) resultieren in Abzügen beim Verkaufspreis von Flaschen höheren Alters.

Neben der Umgebungstemperatur hat auch die Luftfeuchte einen Einfluss auf die Verdunstungsrate durch den porösen Korken. Je höher die Luftfeuchtigkeit außerhalb der Flasche ist, um so weniger Wasser wird aus der Flasche verdunsten. Der Wissenschaftler spricht vom Dampfdruck bzw. dem Dampfdruckgefälle. Wenn das Dampfdruckgefälle bei hoher Luftfeuchte der Umgebungsluft geringer ausfällt, wird auch weniger verdunsten. Die hohe Luftfeuchtigkeit hat auch einen positiven Einfluss auf die Alterung des Korkens. Ein staubtrocken gewordener Korken beginnt zu schrumpfen und letzten Endes bröselig zu werden. Das ist Nichts, was man sich von einem Korken wünscht. Doch man sollte sich auch von zu hohen Luftfeuchten fernhalten. Denn hohe Luftfeuchten fördern das Schimmel- und Bakterienwachstum von sich auflösenden Etiketten bis hinein in den Korken. Im Gewächshaus sollte man deshalb seine Flaschen lieber nicht lagern.

Auch die absolute Temperatur hat einen Einfluss auf die Langzeitstabilität eines Whiskys. Einen sehr guten geschmacklichen Erhaltungsstand wiesen z.B. 11 Flaschen Whisky auf, die für 100 Jahre in der Antarktis meist bei Minustemperaturen lagerten. Ganz so niedrig sollten aus heutiger Sicht die Temperaturen jedoch nicht sein, da man sich vor permanenten Ausflockungen naturbelassener Whiskys hüten sollte. Für den Kenner ist das zwar keine geschmackliche Qualitätsminderung, doch der penible Sammler wird für so einen Schönheitsfehler dennoch Abschläge im Preis verlangen.

Wie ist denn nun die ideale langfristige Lagerungsform von Whiskyflaschen? Zuerst, und das habe ich bislang noch nicht gesagt, müssen die Flaschen stehen. Der stetige Kontakt des Whiskys mit dem natürlichen Korken führt sonst zu einer Schwächung der Korksubstanz. Mit der Zeit fängt der Korken an zu lecken und der Füllstand sinkt auf die natürlichste Art und Weise. Steter Tropfen höhlt den Stein.

Die perfekte Lagerungsart hat uns ein Kunde geschildert, der eine alte Bowmore-Flasche um das Jahr 1998 kaufte. Der Preis (noch in DM) war bereits fünfstellig und er kaufte für die seltene Flasche in ihrer Holzkiste einen noch größeren, gepolsterten und isolierten Aluminiumkoffer, den er dann hochkant in einen kühlen und trockenen Keller stellte. Der Koffer mit seiner Isolation schützt die Flasche nicht nur gegen Beschädigungen wie Herunterfallen, er sorgt auch für ein konstantes Mikroklima. Jegliche Temperaturzyklen werden abgeschwächt und so die natürliche Verdunstung durch Atmung auf ein Minimum reduziert. Durch die relativ niedrigen Temperaturen im ungeheizten Keller wird zudem die chemische Reaktivität im Whisky deutlich reduziert und der ursprüngliche Geschmack weitgehend unverändert erhalten.

Für alle Flaschen des täglichen Gebrauchs, die binnen 6 Monaten bis zu 2 Jahren den Weg allen Irdischen gehen, ist eine so extreme Vorsicht in der Regel nicht erforderlich. Besonders zu beachten gilt jedoch, dass junge Whiskys und besonders junge rauchige Whiskys zu mehr Veränderungen neigen als die älteren Nichtrauchigen. Das ist selbsterklärend, da die jungen Whiskys weniger Zeit in den Fässern hatten, um zu oxidieren und in den rauchigen Whiskys von Natur aus weniger volloxidierte Aromen enthalten sind. Schließlich entsteht Torfrauch nur bei unvollständiger Verbrennung (Oxidation).

Wer noch ein Letztes für den Qualitätserhalt seiner Whiskys tun will, dem sei eine weichmacherfreie Kunststofffolie namens Parafilm empfohlen. Mit ihr kann man wunderbar Flaschenhälse umwickeln, um einen vollständigen Luftabschluss zu erzielen. Meist kann man sie nach der Lagerzeit auch wieder rückstandsfrei entfernen, ohne die Farbschicht der Kapsel über dem Korken zu beschädigen. Bei geöffneten Flaschen kann man zuvor noch ein Schutzgas (Stickstoff) einfüllen, das schwerer als Luft ist und sich als Isolation über den Flüssigkeitsspiegel der Flasche legt. So kann der über den Korken eindringende Luftsauerstoff dem Inhalt wenig anhaben.

Bei all diesen guten Ratschlägen, sollten Sie sich jedoch einen letzten Ratschlag sich besonders zu Herzen nehmen. Kein Whisky ist ausschließlich zum Sammeln gedacht. Letzten Endes sollte jede Flasche ihrer ursprünglichen Verwendung zugeführt werden. Auf Ihr Wohl!