Wie destilliert man richtig?

Unterschiedliche Brennverfahren bestimmen den Geschmack eines Whiskys

Sie wissen, wie man guten Whisky herstellt? Man mälzt Getreide, damit aus der Stärke des Korns Zucker wird. Diesen Zucker vergärt man mit Hefe zu Alkohol. Das Ergebnis ist ein Bier, das man destilliert, um den Alkoholgehalt auf die gewünschte Stärke zu erhöhen. Anschließend geht es für Jahre ins Fass, in dem der Whisky unangenehme Geschmäcker abbaut und zusätzliche Fassaromen aufbaut. Fertig!

Jeder einzelne dieser Schritte bestimmt maßgeblich mit, wie das fertige Produkt schmecken wird. Heute werfen wir einen genaueren Blick auf die Destillation. Also dem Prozess, bei dem durch die Ausnutzung der Unterschiede im Siedepunkt von Alkohol und Wasser (78 Grad zu 100 Grad) beide Stoffe getrennt werden können. Auf Deutsch gesagt: Man kocht das Bier und schon bei 78 Grad steigt der Alkohol als Dampf auf und kann aufgefangen werden. Das später kochende Wasser bleibt im Kessel zurück.

Die Alkohol-Destillation war bereits bei den alten Ägyptern bekannt. Allerdings stellte man Parfüm her. Von destillierten Getränken ist leider nichts überliefert. Obwohl sich der Gedanke aufdrängt.

Das erste Mal in meinem Leben hörte ich etwas über die Destillation von meinen mittlerweile verstorbenen, früheren Nachbarn, die stolz erzählten, wie sie nach dem Krieg mit einer Brennblase und einer Kupferspirale Alkohol aus einer Obstmaische destilliert hatten. Eines Nachts flog ihnen die Anlage mit lautem Knall um die Ohren und da sie fürchteten erwischt zu werden, versenkten sie das Destillationsgerät noch in der selben Nacht von der Mainbrücke in Würzburg in die Fluten.

Dieses Destillationsgerät, ein einfacher, geschlossener Kupferkessel mit einer ebenfalls aus Kupfer hergestellten Kühlspirale, war seit Jahrhunderten das Arbeitsgerät von Schwarzbrennern auf der ganzen Welt. Ob in Würzburg, den tiefen Wäldern der USA oder in den schottischen Highlands.

Warum Kupfer? Kupfer ist eines der Metalle, die sich am leichtesten ver- und bearbeiten lassen. Nach der Steinzeit kam deshalb zuerst die Kupfersteinzeit, bevor es für die Menschheit in die Bronzezeit ging. Und so bot sich dieser Werkstoff für illegale Aktivitäten abseits der Zivilisation bevorzugt an. Kupfer bot für die Destillation auch noch weitere Vorteile. So ist es nach den Edelmetallen das Metall, das die beste Wärmeleitfähigkeit aufweist. So kann man die Flüssigkeit im Kessel mit möglichst wenig Verlust erhitzen und gleichzeitig die Alkoholdämpfe mit möglichst geringem Kühlwasserverbrauch in den Kupferschlangen wieder kondensieren.

Aber Kupfer bietet noch mehr. Es wirkt als Katalysator bei der Oxidation von Alkoholen zu den korrespondierenden Aldehyden. Vanillin ist zum Beispiel eines dieser in unserem Whisky besonders gefragten Aldehyde. Und genau dies passiert bereits beim Reflux im kupfernen Brennkessel (Verdampfen und sofortiges Kondensieren an der durch die Außenluft kühleren Kupferwand) als auch in verstärkter Form nach der Überleitung in die kupfernen mit Wasser gekühlten Worm Tubs, Kühlbassins oder modernen Kondensatoren. Auch wenn mittlerweile die Wissenschaft massiv Einzug in die Whiskyproduktion gehalten hat, so sind die Detailvorgänge bei diesen kupferkatalytischen Reaktionen noch lange nicht restlos erforscht. Wer sich an dieser Stelle näher interessiert, dem sei eine Doktorarbeit aus dem Jahre 2010 an der Tu-Darmstadt empfohlen.

Während den Anfängen der Destillation und noch heute bei der illegalen Destillation kommt in der Regel nur eine einzelne, kleine Brennblase zum Einsatz. Das Ergebnis einer solchen Einfachdestillation ist entsprechen 'gewöhnungsbedürftig' um nicht zu sagen schlecht. Woran liegt das begründet? Das gebraute Bier besteht nicht nur aus Wasser und Alkohol. Dies ließe sich zwar einfach destillieren, würde aber nach nichts schmecken. Bier lebt davon, dass bereits aus dem Getreide und während der Gärung der Maische durch die Hefen eine riesige Menge unterschiedlicher aromatischer Geschmacksstoffe erzeugt werden bzw. vorhanden sind. Viele von ihnen sind in der Maische gelöst und besitzen Siedepunkte, die von 60 bis über 100 Grad Celsius reichen. Bei der Destillation wird also nicht so einfach nur Alkohol aus dem Bier heraus destilliert. Es gibt eine ganze Menge geschmackstragender Stoffe, die im Endprodukt erwünscht sind.

Unter diesen Stoffen befinden sich aber nun leider auch andere, die nicht erwünscht sind. So wurden in der Vergangenheit mehrere Verbesserungen während des Destillationsprozesses eingeführt. Die einfachste Methode ist das Auffangen des Destillats in einem extra Behälter und wenn dieser ausreichend gefüllt ist, destilliert man dieses Zwischenprodukt ein zweites Mal auf der selben Brennblase. Es gibt zwei Vorteile bei dieser Vorgehensweise. Bei der Vordestillation muss man sich nicht mehr so viel Mühe geben, um Gut von Schlecht zu trennen. Vielmehr 'heizt' man das Destillat möglichst schnell in den Zwischenbehälter und erhöht damit einfach nur die Konzentration des Alkohols in der Flüssigkeit. Zusätzlich bleiben die festen Bestandteile des Biers, z.B. Reste der Schale der Getreidekörner, im Abfall zurück.

Die zweite Destillation lässt man dagegen dann langsamer und vorsichtiger ablaufen. So kann man den Vorlauf mit den scharfen und leicht flüchtigen Bestandteile und den Nachlauf mit den schwereren Ölen vom guten Herzstück trennen. Da von den guten Brennereien schon immer viel Ware verlangt wurde, wechselte man schon vor Hunderten von Jahren auf die Verwendung zweier Brennblasen, die gleichzeitig arbeiteten. Und wer einen besonders reinen, guten Alkohol destillieren wollte, der stellte sogar drei Brennblasen auf.

Nichts ist beständiger als der technische Fortschritt. Vor rund 150 Jahren begann sich ein neues, technisches Verfahren durchzusetzen. Die Säulendestillation. Statt die Destillationsarbeit auf zwei Brennblasen aufzuteilen, errichtet man eine hohe Destillationssäule (Column Still), die eine Vielzahl von gelochten Böden enthält. Mit der Erhitzung der Säule beginnen sich die einzelnen Bestandteile des Biers entsprechend ihres Siedepunktes auf der 'Leiter' der Böden anzusammeln. Ganz unten sammelt sich das Wasser und ganz oben am Kopf, mitunter 20 Meter höher, sammeln sich die scharfen und leicht flüchtigen Bestandteile. Das Bier gibt man vergleichsweise weiter unten zu, während man den fertigen 'guten' Alkohol weit oben – aber nicht am Kopf – der Säule entnimmt. Neben dieser vielfachen Destillation über die zahlreichen Böden hat man es damit nicht nur mit einer feineren Destillation sondern auch mit einem nicht endenden Prozess zu tun, der die Whiskyherstellung erheblich verbilligt.

Doch nicht alles ist Gold, bzw. Kupfer, was glänzt. Auch wenn die Böden in den Säulen meist aus Kupfer bestehen, so ist der Kontakt mit diesem Kupfer in den Säulen nicht so innig, wie in den klassischen Pot Stills, in denen ein Destillationsvorgang rund 8h beträgt. Bei den praktisch veranlagten Nordamerikanern hat sich deshalb die Einführung eines Doublers bzw. Thumpers eingebürgert, durch den die Alkoholdämpfe vor der Kondensation geleitet werden. Kommt es in diesem Gerät zu einer Kondensation und erneuten Verdampfung, so spricht man von einem Doubler. Findet nur ein Kontakt der Dämpfe mit dem Kupfer statt, so nennt man dieses Gerät einen Thumper. Das Wort leitet sich aus dem schlagenden Geräusch ab, mit dem die alkoholischen Dämpfe auf die Kupferplatten prallen. Die Willett-Brennerei geht sogar noch ein Stück weiter und verwendet eine Destillationssäule zur Vordestillation (Stripper) und füllt das Ergebnis nicht in eine weitere Säule (Rectifier) sondern in eine Pot Still zur finalen Destillation. So genießt man die Vorteile der Säulendestillation ohne auf den besonderen Geschmack der finalen Pot Still Destillation zu verzichten.

Aber auch der andere Weg, zunächst Pot Still und dann Column Still, wird beschritten. Dies wird besonders häufig bei den kleinen deutschen Whiskyherstellern angewendet. Die Ursprünge der meisten dieser kleinen Brennereien liegen in der Herstellung von Obstdestillaten. Hier wird in Chargen produziert und so passt die Brennblase in ihrer Größe zur Charge bzw. anders herum. Doch anstatt die Brennblase ein zweites Mal für den Feinbrand zu verwenden, sind diesen Destillationsapparaturen kleine Säulen (Rectifier) mit fünf bis zehn Böden nachgeschaltet. An den oberen Böden wird das fertige Destillat abgenommen.

Der erfahrene Whiskygenießer bevorzugt in der großen Mehrheit jedoch Whiskys aus Pot Stills, die dem Malt Whisky sein besonderes und intensives Aroma verleihen. Aus diesem Grund haben die größeren deutschen Whiskyhersteller mittlerweile die Rectifier abgeschafft und auf das klassische Pot Still Verfahren mit zwei Brennblasen umgestellt.

Die Schotten sind noch einen Schritt weiter gegangen. Sie haben in den neuen Whisky Regulations des Jahres 2009 zwingend kupferne Pot Stills für die Herstellung von Single Malt Whisky vorgeschrieben. Dies soll der modernen, technischen Entwicklung einen Riegel vorschieben und die Ursprünglichkeit unseres geliebten Single Malt Whiskys bewahren.