Whisky für den Sommer

Oft erreicht mich die Frage, was denn geeignete Sommerwhiskys wären. Diese Frage bringt mich jedes Mal ins Schleudern. Man denkt üblicherweise sofort an leichte Weißweine, die vom Sommelier gerne mehr gekühlt als sonst dem Gast im Freien serviert werden.

Nach kurzer Zeit beschlägt das Glas mit Tautropfen und lässt die helle, goldene Farbe des Weins durch die Diffusion des Sonnenlichts noch etwas blasser erscheinen. Das alles vermittelt einen frischen, leichten Charakter.

Sie kennen mich hier als kritischen Schreiber, der mit alten Klischees gerne aufräumt. Und so auch mit diesem Mythos des leichten Sommerweins auf einer von Sonne durchfluteten Restaurant-Terrasse. Eiskalter Wein hat so gut wie kein Aroma. Das liegt an der Physik. Der Dampfdruck von Aromastoffen sinkt, je kälter eine Flüssigkeit ist. Wir nehmen diesen Frische-Charakter des Weins mit anderen Sinnen auf. Die feuchte Kühle an den Fingerspitzen. Die kalten Lippen und das abkühlende Gefühl im Mund machen den Wein leicht und frisch.

Wussten Sie, dass ein großer Teil eines Schokoladenerlebnisses am Abschmelzverhalten des Stückes im Mund und der entstehenden Kühle zurück zu führen ist? Die Wärme, die zum Abschmelzen der Schokolade benötigt wird, wird dem Mund entzogen. Und die entstehende Kühle sorgt für ordentlich Speichelfluss.

Nach spätestens einer halben Stunde wäre der Wein auf der Terrasse warm geworden. Man leert das Glas deshalb vorher. Resultat? Die 11 bis 12% Alkohol des 'leichten' Weins, verbunden mit der Menge von 0,2 oder 0,25 Liter – je nach der Region, wo Sie diesen Wein genießen – drücken bei hohen Temperaturen in Ihren Kreislauf. Nickerchen gefällig? Aber sicher.

Aus meiner Sicht sollte Alkohol nicht bei heißen Temperaturen genossen werden, bei denen der Kreislauf sowieso schon mit der Wärmeabfuhr belastet ist. Stattdessen sollten Sie Ihren Alkoholkonsum auf den kühleren Abend verschieben. Wenn die Sonne am Horizont steht und sich das erste abendliche Lüftchen bemerkbar macht. Jetzt ist es Zeit für einen Whisky. In Ruhe, ohne Hast, ohne Schweiß auf der Stirn und Sonne in den Augen.

Und was für einen Whisky? Eben genau den, den Sie sich im Moment vorstellen. Denn wie beim Wein ist auch beim Whisky der Alkoholgehalt immer in einer gleichen Größenordnung. Es gibt keine 'leichten' Whiskys. Beim Wein kommt es auf zwei oder drei Volumenprozente nicht an und beim Whisky sind es eben drei oder sechs Prozent. Dass wir es bei einem Whisky mit einer Spirituose mit vierfachem Alkoholgehalt des Weins zu tun haben, spielt in diesem Fall keine Rolle. Wir genießen in der Regel deutlich weniger Whisky als Wein. Wussten Sie, das die Menge an Alkohol in einem doppelten Whisky nur etwa der in einem Schoppen Wein entspricht?

Mit dieser Diskussion kann ich die Frage aus der Überschrift als Fangfrage outen. Nein, es gibt keine speziellen Sommerwhiskys. Über den Sommer sollten Sie Ihren Whiskygenuss in den Abend verlegen und untertags keinen den Kreislauf belastenden Alkohol zu sich nehmen. Für die Autofahrt nach Hause ist das auch zu empfehlen.

Genießen Sie stattdessen zu Hause am Abend ihren Dram Whisky. Ihr Kreislauf wird es Ihnen danken.

P.S.: Und wenn Sie zu viel Sonne abbekommen haben und Ihr Körper glüht? Zwei Liter Wasser sind dann auf jeden Fall zu empfehlen. Auf Alkohol sollten Sie in so einem Fall unbedingt verzichten.