Schuhcreme, Lavendel und Zimt

Die Geschmacksbeschreibung von Whisky

Kürzlich erreichte uns eine Kundenanfrage, die uns zum Schmunzeln brachte. Der Kunde hatte eine Frage zur Geschmacksbeschreibung von Port Charlotte OLC:01 Heavily Peated 9 Jahre (2010) bemerkt, in der unter ‘Geschmack‘ von ‘Schuhcreme‘ die Rede war: “Mich würde interessieren, wer bei Ihnen diesen Geschmack kennt und ob es schwarze oder braune Schuhcreme ist. :)“

Berechtigte Frage! Auch wir waren uns einig: Schuhcreme im Geschmack klingt durchaus sonderbar. Die Verkostungsnotizen, die Sie bei uns im Shop finden, sind in der Regel vom Hersteller selbst zur Verfügung gestellt. Wenn wir diese Beschreibungen vorfinden übernehmen wir diese durchaus nicht eins zu eins. Oft verkünsteln sich die Marketingabteilungen der Brennereien und Lieferanten so sehr, dass sich Geschmacksbeschreibungen in etwa so lesen: “Sobald dieser Dram Ihre Lippen berührt, spüren Sie die weiche, ölige Textur, und dann, wenn er den Gaumen umhüllt, verändert eine subtile Trockenheit den Ton. Die führenden Noten vom Oloroso-Fass und der Torfrauch definieren die Identität des Whiskys, aber darunter liegt eine fruchtige Süße - Feigen, Orange und Pfirsich mit einer nussigen Nougatnote. Mit einem weiteren Schluck geben die dunkleren Noten von Tabak, Stiefelpolitur und erdigerem Rauch eine Pfeffersüße, die einen wirklich in diesen herrlichen Whisky hineinzieht.“

Wir versuchen dann diese verschnörkelten poetischen Ergüsse auf das essentielle herunterzubrechen und so zu formulieren, dass unsere Kunden sich darunter auch tatsächlich den Geschmack und das Aroma eines Whiskys vorstellen können. Schließlich soll der Whiskyliebhaber ja wissen was ihn erwartet wenn er eine bestimmte Abfüllung erwirbt.

Einen Geschmack zu beschreiben ist selbstverständlich nur aus subjektiver Sicht möglich. Wo die einen eindeutig blumige Aromen wahrnehmen, sind für die anderen die süßen Vanillearomen präsenter. Uns ist es bei der Menge die wir laufend neu ins Sortiment aufnehmen natürlich nicht möglich, alles selbst zu probieren und Verkostungsnotizen zu schreiben. Nicht nur, dass unsere Arbeit in diesem Fall um einiges unkoordinierter und unkonzentrierter von Statten ginge. Auch wären diese Beschreibungen dann kaum noch zu gebrauchen, denn nach drei bis fünf Whiskys wird man unkonzentriert (nicht zuletzt weil alkoholisiert) und kann verschiedene Aromen nicht mehr so differenziert wahrnehmen. Sie haben sicher schon die ein oder andere Whisky Geschmacksbeschreibung gelesen. Dabei fällt auf, dass sich gewisse Begriffe immer wieder wiederholen. Welche sind das und warum? Dazu muss man sich zunächst fragen, wo die Geschmäcker und Aromen im Whisky überhaupt herkommen. Wir wollen die Aromen und ihren Ursprung einmal aufdröseln.

Süße Aromen gehen hauptsächlich während der Fassreifung in den Whisky über. Fässer werden für gewöhnlich ausgebrannt und erhitzt, bevor sie mit Whisky befüllt werden. Während dieses Erhitzens karamellisieren die Holzzucker und geben anschließend ihre süßen Aromen von Vanille und Karamell an den Brand ab. Lagert ein Whisky in einem Fass das zuvor Wein oder Likörwein enthielt, so gehen auch die Aromen aus diesen Weinen aus der Fasswand in den Whisky über. Oft werden diese mit getrockneten Früchten, Datteln, Rosinen oder auch verglichen.

Fruchtige Noten im Whisky werden ebenfalls häufig in Geschmacksbeschreibungen erwähnt. Banane, Ananas, Apfel … diese Aromen entstehen neben der Fasslagerung auch bei der Fermentation der Maische, bei der auch fruchtig duftende Ester freigesetzt werden.

Florale und grasige Aromen im Whisky entstehen ebenfalls bereits während der Fermentation. Denn neben Estern werden dabei weitere chemische Verbindungen gebildet, die sogenannten Aldehyde. Diese assoziieren wir Menschen mit blumigen und heuartigen Gerüchen, wie etwa Lavendel.

Würzige Aromen bekommt Whisky wiederum aus der Fasslagerung. Noten von Zimt, Muskat, Tabak, Kaffee oder Pfeffer ziehen sich die Whiskys aus der Eiche. Wenn zudem vorher Sherry oder Wein im Fass lagerte sind auch nussige Aromen von Haselnüssen und Mandeln im Aromenspektrum des Whiskys zu erkennen.

Die malzigen Aromen im Whisky kommen logischerweise aus seinem Grundstoff, dem Getreide. Neben ‘Malz‘ und ‘Getreide‘ findet man in den Geschmacksbeschreibungen auch oft Begriffe wie Brot, Hafer und Tannennadeln, denn diese malzigen Whiskys verfügen über eine leicht herbe Note.

Eichentönig wird ein Whisky - wie soll es anders sein - durch die Lagerung im Eichenfass. Sind diese Noten besonders aromatisch nach frisch geschnittenem Holz oder gar Harz, so lässt dies auf eine Reifung in frischen Eichenfässern schließen. Sind die Fässer bereits älter, so bilden sich im Holz im Laufe der Lagerung adstringierende Tannine, also Säurestoffe im Holz, die dem Whisky trockene Noten verleihen.

Maritime Noten finden sich nur in Whiskys, die im maritimen Klima gereift sind. Befindet sich das Lagerhaus einer Brennerei in Küstennähe, so nimmt ihr Whisky unweigerlich die Meeresaromen auf. Diese Malts erinnern oft an Salz, Seetang oder im wahrsten Sinne des Wortes Küstenluft.

Rauchiger Whisky ist nicht jedermanns Sache. Das Raucharoma entsteht bereits während des Mälzens: Wird das eingeweichte Getreide über Torfrauch getrocknet - wie es in Schottland gang und gäbe ist - so gibt dieser sein intensives Aroma an das Getreide ab, das auch bei der Destillation nicht verloren geht. Oft ist bei rauchigen Whiskys von Aromen von Lager- und Kaminfeuer oder geräuchertem oder gegrilltem Fleisch die Rede.

Medizinische Aromen verbinden wir oft mit Krankenhaus oder Zahnarzt - und so weit weg sind wir mit dieser Assoziation auch nicht. Die Noten sind charakteristisch für die Aromagruppen der Phenole und Cresole. Diese entstehen hauptsächlich beim Verbrennen des Torfes zum Trocknen des Malzes und haben charakteristische Gerüche. Phenole sind etwa in Desinfektionsmitteln und Kleber enthalten und daher kennen wir auch den Geruch. Cresole sind Verbindungen, die sich von Phenolen ableiten und haben einen teerartigen Geruch. Sie kommen in verschiedenen Mikroorganismen in der Natur vor, daher können auch nicht getorfte Whiskys zum Teil phenolisch riechen: Im Abbauprozess des Holzes während der Fassreife können ebenfalls Cresolgruppen entstehen. Beschrieben werden diese Aromen in Whisky Tasting Notes oft mit Begriffen wie ‘medizinisch‘‚ ‘Jod‘, ‘altes Leder‘ oder eben auch ‘Schuhcreme‘.

Daher weht also der nach Schuhcreme riechende Wind! Wie Schuhcreme allerdings schmecken soll wissen auch wir nicht, wir haben auf eine Schuhcreme-Verkostung im Whisky.de Team verzichtet. In der Beschreibung des Geschmacks hat ein solcher Begriff jedenfalls nichts verloren (wir haben unsere Beschreibung dahingehend angepasst), im Aroma kann aber durchaus mal von ‘Schuhcreme‘ die Rede sein und nun wissen Sie auch warum.