Rückkehr Rauchiger Iren

Lange Zeit dachte man bei Whiskey aus Irland nicht direkt an ein rauchiges Aroma. Irische Brennereien destillieren ihren Whiskey oft dreifach, was ihn deutlich milder macht. Auch ist es selten geworden, die Gerste über Torffeuer zu trocknen, was ihr und dem daraus entstehenden Whiskey den charakteristisch rauchigen Geschmack verleiht. Heute sind es vornehmlich Whiskys von den schottischen Inseln und den Highlands, die ein rauchiges Aroma aufweisen. Bei Irish Whiskey erwartet man eher einen milden Geschmack. Doch das war nicht immer so. Überhaupt gab es in der Whisky-Geschichte immer wieder Differenzen zwischen Schotten und Iren, beginnend mit dem Grundsatz, wer Erfinder von Whisky ist bis hin zur Schreibweise.

Alter Disput: Wer hats erfunden?

Es gibt verschiedene Theorien und Überlieferungen dazu, von wem und vor allem wo Whisky ‘erfunden‘ wurde. Einige Quellen besagen, irische Mönche haben bereits im 6. Jahrhundert mit dem Whisky-Brennen begonnen. An anderer Stelle ist wiederum von der ersten urkundlichen Erwähnung von Whisky die Rede: Erst Jahre später, im Jahr 1494 findet sich in Schottland ein schriftlicher Beweis für das Wasser des Lebens. Der Mönch John Cor aus der schottischen Grafschaft Fife wird in den so genannten ‘Exchequer Rolls‘, den Steuerdokumenten erwähnt. 1494 kaufte er Malz, um auf Anordnung von King James IV ‘Aquavite‘, das Wasser des Lebens, zu brennen. Doch wer sagt, dass es nicht auch schon vorher irische Brennereien gab, die nach lokalem ‘Recht‘ produzierten? Oder auch Schottische? Wir haben keine Gewissheit und auch keine Zeitmaschinen - so werden wohl beide Parteien auf ihrer Meinung und dem Standpunkt Erfinder von Whisky zu sein beharren. 

Schreibweise: Whisky vs. Whiskey

Auch die Unterscheidung in der Schreibweise geht auf einen Streit zwischen den irischen und den schottischen Whiskyherstellern zurück. Denn bis ins 19. Jahrhundert hat man Whisky ausschließlich in Pot Stills, also Brennblasen, hergestellt. Und dieser ursprüngliche Pot Still Whisky schreibt sich ohne 'e' vor dem 'y'. 1826 wurde dann die Column Still, also die Säulendestillationsanlage, erfunden. Damit konnte man nun kostengünstiger kontinuierlich destillieren und dabei einen weichen Whisky erhalten. Die irischen Whiskyhersteller waren jedoch der Meinung, das Destillat aus der Column Still sei kein vernünftiger Whisky. Die Auseinandersetzung über die Whiskyherstellung führte zu einem Streit, der 1905 letztendlich eskalierte. Damals war Irland noch Teil des Vereinigten Königreiches und kein eigener Staat. Der Streit über die 'korrekte' Art der Whiskyherstellung führte so weit, dass eine 'Royal Commission', also ein königlicher Ausschuss, eingeführt wurde, der prüfte ob man dieses Säulendestillat auch 'Whisky' nennen darf oder ob es einfach nur irgendein Brand ist. 1909 kam die Commission zu dem Ergebnis: Column Still Whisky darf sich auch Whisky nennen. Damit war man in Irland unzufrieden. Um sich abzugrenzen, schreiben irische Whiskyhersteller ihren irischen Whisky seither mit 'e' vor dem 'y'. Das war die Geburtsstunde des Whiskeys.

Kommen wir zurück zum Rauch. Der kommt, wie bereits erwähnt, durch das Torffeuer in den Whisky, über dem das Getreide während des Mälzens getrocknet wird. Das besondere an Torf: Eigentlich ein geruchsneutrales Material, strömt er einen extremen Geruch aus, wenn er brennt. Menschen auf den britischen Inseln verwenden seit jeher Torf als Energiequelle. Er wird in schmalen Streifen aus den Moorböden gestochen und zum Trocknen in kleinen Pyramiden aufgeschichtet. Das Wasser läuft sehr schnell ab, das macht aus dem weichen Streifen ein hartes Brikett. Dieses Brikett enthält, ähnlich wie Kohle, die Energie der abgestorbenen Pflanzenreste aus dem Moor. Im Gegensatz zur Kohle brennt getrockneter Torf schnell ab und gibt dabei eine große Menge Energie in Form von Wärme ab. Ein weiterer Vorteil: Torf ist - einfach gesagt – vor Ort. Schottland verfügt so gut wie im ganzen Land über Torfmoore und auch in Irland sind weite Teile des Westens (Connemara) mit Torfmooren bedeckt. Bevor von Dublin aus durch Irland Kanäle gegraben wurden, sind Whiskeyhersteller an der Westküste Irlands schlecht an anderes Brennmaterial gekommen und haben so den Torf vor ihrer Haustüre verwendet. Folglich waren auch viele Whiskeys aus Irland rauchig. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts waren die Kanäle von der Ostküste ausgebaut und Whiskeyhersteller griffen auf günstigere Kohle, importiert aus dem Vereinigten Königreich, zurück. Folglich gab es seither auch weniger rauchige Whiskeys. Erst Ende des 20. Jahrhunderts begann die irische Cooley Brennerei wieder mit Torf zu arbeiten. Ergebnis ist der 1999 erstmals abgefüllte Connemara Single Malt, benannt nach dem gleichnamigen Nationalpark mit Torfmoor. Heute ist Connemara, die erste rauchige irische Whiskey-Marke seit etwa einem Jahrhundert, nicht mehr aus unseren Whiskyregalen wegzudenken.

Rauch zieht über Irland

Mit dem Beginn des 21. Jahrhunderts begann die Whiskey-Szene Irlands neuen Aufschwung zu erleben. Bis 2012 gab es nur vier aktive Brennereien in Irland: MidletonBushmillsCooley und Kilbeggan. Den Anfang machte die neu eröffnete Dingle Brennerei, seither schießen neue irische Brennereien nur so aus dem Boden: Teeling (Wiedereröffnung 2015), Waterford (2015), Roe & Co (2019) und Glendalough (2011) sind nur einige Beispiele der mittlerweile über 30 aktiven irischen Destillen. Die neuen Produzenten bringen auch frischen rauchigen Wind in die irische Whiskey-Szene. Erst jüngst brachte Kilbeggan die Abfüllung Black auf den Markt. Bereits Anfang des Jahres legte Teeling mit dem rauchigen Single Malt Blackpitts vor. Auch von Hinch gibt es einen Peated Single Malt, rauchigen Blended Whiskey gibt es von der Marke Dunville‘s, die ihren Whiskey in der Brennerei Echlinville in Nordirland destilliert und auch West Cork stellt rauchigen Whisky her - allerdings wurden hier statt der Gerste die Fässer mit Torfrauch ausgebrannt.
Die Whiskey-Landschaft in Irland entwickelt sich weiter und besinnt sich gleichzeitig auf ihre Wurzeln zurück. Wir beobachten die Entwicklung mit Freude und hoffen weiterhin viele besondere - rauchige oder nicht rauchige - Irish Whiskeys genießen zu dürfen.