Whisky und Terroir

- Wissenschaftlich untersucht

Whisky ist nicht gleich Whisky. Das ist für Sie als Whisky-Genießer und Kenner keine Neuheit. Es gibt viele Vorgänge in der Produktion, die Einfluss auf den Geschmack und das Aroma des Whiskys haben, etwa die Reifung in verschiedensten Fässern (Sherry, Wein, Bourbon, etc.), die Form der Brennblasen oder auch die Verwendung von Torffeuer zur Trocknung des Malzes. Ein oft diskutiertes und polarisierendes Thema unter Whisky Fachleuten ist die Frage, ob auch das ‘Terroir‘ der Gerste, ähnlich wie bei der Wein- oder Cognac-Herstellung, den Geschmack des daraus entstehenden Whiskys beeinflusst. Das häufig geäußerte Gegenargument ist, der Whisky-Herstellungsprozess (Destillation) zerstöre jeglichen Einfluss durch das Terroir der Gerste.
Ein internationales Wissenschaftler Team aus den USA, Schottland, Griechenland, Belgien und Irland wollte es nun genau wissen. Das sogenannte ‘Whisky Terroir Project‘ veröffentlichte am 17. Februar 2021 eine Studie, die belegt, dass das ‘Terroir‘ einen Einfluss auf den Geschmack von Whisky-Rohbränden hat.

Was ist Terroir?
Bevor wir tief in die wissenschaftlichen Zusammenhänge einsteigen, wollen wir zunächst die Frage klären, was der Begriff ‘Terroir‘ überhaupt bedeutet. Der französische Begriff lässt sich nicht eins zu eins ins Deutsche übersetzen, wir können ihn jedoch umschreiben. Das französische Prinzip, dass natürliche Faktoren wie das Mikroklima des Bodens und die Witterung zusammen die Geschmackseigenschaften beeinflussen können, ist in anderen Getränkekategorien wie Wein und Cognac schon lange akzeptiert. In der Whisky-Welt sorgt es seit Jahren für Uneinigkeit.
Das Whisky Terroir Project hat sich diesem umstrittenen Thema nun angenommen und eine wissenschaftliche Studie im Magazin Foods veröffentlicht. Foods publiziert seit 2012 Studien aus allen Bereichen der Lebensmittelforschung. Der Terroir-Artikel belegt, dass Terroir auch in Gerste zu finden ist, und - viel wichtiger - auch im daraus destillierten Whisky-Rohbrand zu schmecken ist.
Dafür wurden zwei verschiedene Gerstensorten (Olympus und Laureate) in je zwei verschiedenen irischen Regionen untersucht: Athy, County Kildare und Bunclody, County Wexford. Für die Analyse nahm man Proben aus Erträgen zweier aufeinander folgender Erntejahre (2017 und 2018). Die Samples wurden unter Laborbedingungen mikrogemälzt und mikrodestilliert, um daraus 32 verschiedene Whisky-Rohbrand-Proben herzustellen. Diese Proben wurden dann mit Hilfe der Gaschromatographie-Massenspektrometrie-Olfaktometrie (GC/MS-O) zur Erfassung geruchsaktiver Verbindungen chemisch analysiert. Zusätzlich verkosteten ausgebildete sensorische Experten die Proben.

Terroir im Whisky?
Das Projekt kommt zu dem Ergebnis, dass die Samples 42 verschiedene Geschmackskomponenten (Verbindungen) enthalten, von denen die Hälfte vom Terroir der Gerste beeinflusst wurde. Darunter sind acht Verbindungen sehr einflussreich und 15 ‘nur‘ einflussreich für den Geschmack des Rohbrandes. Außerdem ergab die Auswertung, dass die Kombination aus Gerstensorte und deren Anbau-Umgebung einen größeren Einfluss auf den Geschmack des Destillats hatten als die Gerstensorte alleine. Auch in Bezug auf das Anbaujahr der Gerstensorte zeigten sich größere Unterschiede im Aroma des Rohbrandes als in Bezug auf die Sorte allein. Die Studie kommt also zu dem Ergebnis, dass ein ‘Terroir‘ Einfluss auf den Rohbrand besteht. Im Detail entstand dieser so:
• Die geschützte Inland-Region Athy verfügt über höhere pH-Werte und höhere Mengen an Kalzium, Magnesium und Molybdän in ihrem kalkhaltigen Boden. Es gab dort höhere Durchschnittstemperaturen und weniger Regen. Der aus der dort wachsenden Gerste hergestellte Whisky-Rohbrand ist geprägt von Aromen von gerösteten Mandeln und einem malzigen, öligen Abgang mit Keks-Noten.
• Die Bunclody Region ist den Umwelteinflüssen stärker ausgesetzt als die geschützte Inland-Region. Die dort angebaute Gerste hat niedrigere pH-Werte und höhere Mengen an Eisen, Kupfer und Mangan im Boden, der auf einer Schiefer-Basis liegt. Näher am Meer gelegen ist sie unbeständigeren Witterungsverhältnissen ausgesetzt. Die dort geerntete Gerste ergibt einen leichteren Whisky-Rohbrand mit floralen Aromen und einem frisch-fruchtigen Geschmack.
Wissenschaftlich ist damit also belegt, dass unterschiedliches Terroir für unterschiedliche Aromen im Whisky-Rohbrand sorgt. Denn hier wurden nur die genetischen physiologischen Eigenschaften der Gerste und ihr Einfluss auf den Geschmack des Destillats untersucht.
Die Studie konzentriert sich allerdings nur auf den Whisky Rohbrand. Wie wir aber wissen, ist ein Whisky erst offiziell ‘Whisky‘ wenn er mindestens drei Jahre in Eichenfässern reifen durfte. Während der Reifung im Fass verändert sich das Aroma sehr stark. Nicht nur werden während der sogenannten subtraktiven Reifung gewisse Geschmacksstoffe aus dem Destillat gefiltert. Die additive Reifung sorgt auch dafür, dass der Brand Aromen aus der Fasswand aufnimmt. Im Fall von Fässern mit Vorbelegung (Sherry, Wein, etc.) sind dies auch Aromen aus den Weinen oder Spirituosen, die zuvor darin lagerten. Während der Fassreifung entstehen durch die Interaktion von Spirituose und Holz ebenfalls chemische Verbindungen, die einen großen Beitrag zum Aroma leisten. Manche Whiskyhersteller schätzen sogar, dass die Fassreifung 60-80% des Whisky-Geschmacks ausmacht - Vielleicht ist das ein Thema für eine andere wissenschaftliche Studie.